Branchenprimus ist der zweite Sieger
Christoph Strasser belegte nach einer Pechsträhne und 4209,15 Kilometern den zweiten Platz beim Transcontinental Race.
Suchend wankte Christoph Strasser durch Istanbul. Barfuß, in einer eben gekauften Badehose und mit dem dreckigen Radtrikot war er auf der Suche nach Flip-Flops. „Keiner versteht ein Wort Englisch und ich fühle mich ein bisschen verloren.“ Er hat sich dieses Mal keine Sachen zum Anziehen in die Türkei vorausgeschickt und auf dem Rad war für Elegantes kein Platz. Kurz vor dem Shopping hatte der Kraubather das Transcontinental Race als Zweiter beendet. Der Klassenprimus des Ultracyclings war nach zwei Siegen geschlagen. Robin Gemperle siegte beim Rennen, das von Roubaix an den Bosporus führte. 9 Tage und 4 Stunden war Strasser für die 4209,15 Kilometer unterwegs. 1 Tag und 9 Stunden war er nicht auf dem Rad. Allerdings nicht nur, um zu rasten. Denn es ging fast alles schief. „Geschmissen hat es mich nicht und ich habe keine Lebensmittelvergiftung, obwohl ich Wasser aus irgendwelchen Brunnen im Hinterland getrunken habe“, sagt er und lacht.
Sonst war aber recht viel Pech dabei und so ist er zufrieden mit dem zweiten Platz. „Für mich bin ich der zweite Gewinner und ich bin keiner, der etwas schönredet und sage es, wenn ich Sch... baue.“ Wenn, das räumt er ein, hat er im Vorfeld Fehler gemacht. „Vielleicht bei der Reifenwahl.“ Er hatte insgesamt zwölf Patschen, der Sieger fuhr Tubeless und blieb ohne Defekt. „Nicht nur, dass du da jedes Mal zehn Minuten verlierst. Du bekommst auch einen Stress. Und es ist wirklich nicht einfach, in der Türkei Teile fürs Rennradl zu bekommen. Am Sonntag schon gar nicht.“ Alleine in der Türkei musste er siebenmal den Schlauch wechseln. „Man hört auf, über Probleme nachzudenken. Wenn etwas passiert, sucht man keinen Schuldigen, es bringt nichts zu schimpfen oder sich zu ärgern. Man ist nur darauf fokussiert, eine Lösung zu finden. Hier reduziert man alles auf das Wesentliche, das lernt man beim Radfahren.“ Dass in Bosnien mit einem Hundebiss ein persönlicher Albtraum wahr wurde, kam mental verschärfend dazu.
Der Technikteufel hat nicht erst im Finale zugeschlagen. „Meine Route war schnell“, sagt er und fügt mit einem Lachen zu, „sie war nur blöderweise nicht auf dem Radcomputer zu sehen“. Es dauerte bis Slowenien, ehe das Problem behoben war. Bis dahin bog er immer wieder falsch ab, verlor Zeit. Zusätzlich funktionierte das Handy oft nicht und die Radpumpe ging kaputt. „Die Technik alleine ist nicht der Grund, dass ich Zweiter geworden bin. Robin hat eine enorme Entwicklung gemacht und ist richtig stark gefahren.“ Bis zu acht Stunden fuhr der ehemalige Mountainbike-Profi heraus, Strasser kam bis auf viereinhalb Stunden heran. Dahinter wurde Tim De Witte Dritter. Der Australier Abdullah Zeinab, der bis zum körperlichen Totaleinbruch lange vor Strasser lag, verlor auf den letzten Kilometern Platz drei, als er in Istanbul umhergeirrt war.
So anstrengend das Rennen war, so unspektakulär ist die Ankunft. Mit einem kühlen Getränk stießen die ersten vier an. Ob ihn die Niederlage für Künftiges motiviert oder nicht, wird er in den nächsten Tagen spüren. „Erster, Zweiter, Dritter … das ist dir im ersten Moment komplett egal. Es sind auf der Strecke so viele Emotionen, dass du dich im Ziel einfach nur hinlegen willst. Bis du draufkommst, dass du nicht weißt, wo. Dann suchst du einmal das Hotel.“