Nachhaltiger Blick hinterdie Kulissen

Reportage. Alle Spielstätten der Bühnen Graz wurden nun gleichzeitig mit Umweltzertifikaten ausgezeichnet. Woran das liegt.

Von Simone Rendl

Uniformen, Tüllkleider und barocke Anzüge hängen an unzähligen Kleiderstangen, auf den Regalen teilen sich Dreispitzhüte den Platz mit Astronautenhelmen. Andree Bardel-Kahr manövriert sich geschickt zwischen den 150.000 Kostümteilen und Requisiten in der Kostümwerkstatt der Bühnen Graz hindurch und verschwindet in einem Nebenraum. In einem unauffälligen Metallkasten lässt er einen Fellmantel und eine Uniform verschwinden, Tür zu, Schalter an, dann rumpelt es leicht. Ein eigenartiger Geruch verbreitet sich in dem kleinen Raum. „So riecht Ozon“, schmunzelt der Fundusmitarbeiter. Mit dem sogenannten Ozonschrank werden Kostüme ohne den Einsatz von Reinigungsmitteln und Wasser gereinigt. „Saubere Kleidung für die Schauspieler und eingesparte Ressourcen, zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt Bardel-Kahr.

Die Kostümwerkstatt ist nur ein Bereich, in dem die Bühnen Graz als Kulturinstitution nachhaltig agieren. In den vergangenen Jahren wurden Oper, Schauspielhaus und Grazer Spielstätten immer wieder mit Umweltzertifikaten ausgezeichnet, zum ersten Mal wurde der Theaterkonzern nun in seiner Gesamtheit mit nachhaltigen Siegeln zertifiziert. „Uns ist wichtig, zu zeigen, dass Theater nachhaltig funktionieren kann, schließlich bekleiden wir als Kulturstätten auch eine Vorbildwirkung“, sagt Ingo Reinhardt, Nachhaltigkeitskoordinator der Bühnen. Als „Zero Waste“-Coach weiß er, wie herausfordernd Nachhaltigkeit in großen Spielstätten ist: „Unsere primäre Aufgabe ist Kulturvermittlung. Damit sich die Mitarbeitenden darauf konzentrieren können, übernehme ich die administrative Arbeit hinter den nachhaltigen Konzepten.“

Vom Konfetti zum wiederverwendbaren Blutpackerl, der Aufwand liegt im Detail. So wird beim Transport der Kostüme auf einen fahrbaren Untersatz verzichtet – Hosen, Jacken, Kleider werden in einem roten Bollerwagerl von der Bürgergasse zum Opernring chauffiert. Einmal quer über den Tummelplatz hinauf zur Burggasse. So oft es geht, werde bei kurzen Transportwegen auf motorisierte Fahrzeuge verzichtet, betont Reinhardt.

Luftdruckbehälter aus bereits verwendeten Konfettikanonen, so setzt auch Pyrotechnik-Experte Thomas Egger für die Spezialeffekte auf Nachhaltigkeit: „Wenn zum Beispiel Bücher aus einem Regal fallen sollen, nutze ich die Luftdruckbehälter, um den benötigten Luftstoß zu erzeugen. Allgemein versuche ich, so viele Teile wie möglich wiederzuverwenden.“ Die kleinen Nebelmaschinen in seiner Werkstatt hat er aus Teilen von E-Zigaretten zusammengebastelt: „Damit erzeugen wir die Illusion, wenn ein Kleidungsstück auf der Bühne zu ,brennen‘ beginnt.“ Auch Plastikkonfetti hat er aus seinem Repertoire verbannt, nur Papier kommt noch zum Einsatz: „Die Kartuschen, in denen sich die Konfetti befinden, sind aus Karton, den ich dann für andere Dinge wiederverwerte.“

Wiederverwendung ist auch das Motto im Orpheum, wo man ein Mehrwegsystem umsetzen will. „Dieser Prozess ist nicht mit einem Mal abgeschlossen, sondern nimmt Zeit in Anspruch, da Mitarbeitende, Veranstalter und die Konzertgäste involviert werden müssen“, sagt Geschäftsführer Bernhard Rinner. In Zukunft will man zudem mit Solarzellen einen Teil der benötigten Energie selbst erzeugen. Dass eine komplett nachhaltige Erzeugung von Strom für Veranstaltungen, die von Licht- und Tontechnik leben, ein Wunschtraum ist, weiß Rinner: „Solarzellen reichen natürlich nicht aus, ein ganzes Konzert zu sichern, können aber Spitzen des Stromverbrauchs abfangen – das wäre das Ziel.“

Rinner ist stolz auf das Siegel „Green Event“ für das Klanglicht: „Auf den ersten Blick ist ein Event, das Strom für Klang und Licht braucht, natürlich nicht nachhaltig, doch mit der Öffi-Freifahrt und einem Mülltrennsystem an den Gastroständen haben wir versucht, die Veranstaltung möglichst nachhaltig durchzuführen.“

Öst. Umweltzeichen

in „Sprech- und Musiktheater“: Oper Graz, Schauspielhaus Graz, Next Liberty; „Green Location“: Orpheum, Dom im Berg, Schloßbergbühne Kasematten; „Green Events“: Klanglicht, Opernredoute; Ökoprofit Premium Partner: Bühnen Graz GmbH; „art + event Theaterservice Graz“