Autismus hat verschiedene Facetten

Bei Buchpräsentation erfahren Besucher heute vom herausfordernden Alltag mit einem autistischen Kind. In Kärnten ist Nachfrage nach Therapie groß.

Von Petra Lerchbaumer

Bei der heutigen Buchpräsentation im Musilmuseum in Klagenfurt tauchen die Besucherinnen und Besucher in eine besondere Welt ein. Die Oberösterreicherin Birgit Kubik hat, wie sie schreibt, den „ganz normal-verrückten Alltag“ mit ihrem autistischen Sohn Max in einem Buch aufgearbeitet.

Organisiert wurde der Abend von Christin Einsiedler und Silke Karolina Saurer, die die heilpädagogische Praxis Sonnenblau in Klagenfurt führen. Seit über 20 Jahren liegt der Schwerpunkt ihrer Arbeit auf Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung und tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. „Autismus ist angeboren. Es handelt sich nicht um einen Erziehungsfehler und ist auch nicht milieubedingt“, erklärt Einsiedler. „Es liegt eine andere Art der Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung vor“, präzisiert Saurer. Im breiten Autismus-Spektrum gibt es auch stereotype Verhaltensmuster, zwanghafte Routinen, fehlende Sprachentwicklung, die Intelligenz kann hoch oder nicht entwickelt sein.

Rund ein bis 1,5 Prozent der Weltbevölkerung seien, so Einsiedler, von Autismus betroffen, vorwiegend Männer. Konkrete Zahlen für Kärnten gebe es nicht. Aber in der Praxis, die eine von wenigen Anlaufstellen in Kärnten sei, zeige sich, dass der Bedarf groß ist. „Unsere Klienten kommen aus ganz Kärnten und auch aus der Steiermark, aus dem Bezirk Murau“, sagt Einsiedler. Anders als etwa bei der Logopädie müssen Eltern selbst für die Therapie ihres Kindes aufkommen. Die Krankenkasse zahlt die Therapie für autistische Kinder nicht.

„Unsere jüngsten Klienten sind zweieinhalb Jahre alt“, sagt Saurer. Schlimmere Verläufe können vermieden werden, so Saurer, wenn früh mit der Therapie begonnen werde. „Das Hauptziel unserer Arbeit ist es, Kompetenzen aufzubauen“, so Saurer weiter. Selbstständigkeit zu fördern, aber auch zu helfen, einen Tages- und Wochenplan zu gestalten. „Der Alltag soll so gut wie möglich vorhersehbar sein“, sagt Einsiedler.

Im Alltag tun sich Betroffene schwer. Es gebe viel Reizüberflutung, soziale Interaktion ist gefragt, in der Schule muss das Lernpensum erfüllt werden. Kinder mit Autismus „haben die doppelte und dreifache Belastung. Sie sind auch schnell überfordert“, sagt Saurer.

Mit der heutigen Veranstaltung im Musilmuseum wolle man betroffenen Familien die Möglichkeit geben, sich zu vernetzen. Denn der Leidensdruck ist oft groß. „Autismus ist eine unsichtbare Beeinträchtigung. Man sieht es dem Kind nicht an“, erklärt Einsiedler. So folge etwa bei einem Wutausbruch in einem Geschäft gleich die Zuschreibung, dass das Kind schlecht erzogen sei.

Alltag

„In seinem Element – Der ganz normal-verrückte Alltag mit unserem autistischen Sohn“ von Birgit Kubik.
Heute, Mittwoch, im Robert Musil Literatur Museum, Bahnhofstraße 50 in Klagenfurt, Beginn 18.30 Uhr.
Eintritt ist frei.